»Wir unterstützen den 5G-Netzausbau im Millimeterwellenbereich.«

Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) bietet in sechs Technologieplattformen ein breites Portfolio entlang der gesamten mikroelektronischen Wertschöpfungskette – von Systemdesign bis hin zu Test und Zuverlässigkeit. Eine dieser Plattformen ist Leistungselektronik.

Herr Dr. Guttowski, Sie sind Ansprechpartner für die Technologieplattform »Microwave & Terahertz«. In welchem Bereich liegt der Schwerpunkt dieser Plattform?

Als Teil unseres Technologieangebots bündelt die Technologieplattform »Microwave & Terahertz« die FMD-Kompetenzen im Bereich Hochfrequenzelektronik – mit dem Ziel, diese für Industrie- und Forschungspartner zugänglich zu machen. Durch das Zusammenfügen der an den Instituten verteilten Kompetenzen können wir eine umfassende Wertschöpfungskette für HF-Technologie und komplette Lösungen anbieten: vom Design über die Herstellung und Integration in Modulen und Systemen bis hin zur elektrischen Charakterisierung, dem Test und der Zuverlässigkeitsprüfung.

Mit welchen Forschungsthemen und Technologien befasst sich die Plattform?

Unsere Hauptforschungsthemen sind derzeit die Heterointegration von III-V-Bauelementen mit CMOS auf Wafer- und Modulebene, um moderne Kommunikations- und Radarsysteme zu ermöglichen.
Wir konzentrieren uns vor allem auf zukunftsweisende Anwendungen, insbesondere aus den Bereichen Kommunikation und Sensorik. Hier sind exemplarisch die Themenfelder Fahrzeugumfelderkennung für autonom fahrende Autos und 5G zu nennen.

Können Sie dafür Beispiele nennen?

Um die überlegenen physikalischen Eigenschaften von Verbindungshalbleitern in Anwendungen auszunutzen, müssen die daraus gefertigten Bauelemente idealerweise mit CMOS-Technologien kombinierbar sein. So können die Herstellungskosten reduziert und preislich vergleichbare Bauelemente als Konkurrenz zu reinen Siliziumchips angeboten werden. Als Beispiel sind MOSHEMTs zu nennen.
Aber auch die moderne Radartechnologie, die derzeit überwiegend in der SiGe-Technologie realisiert wird, ist für uns interessant. Sie findet beispielsweise ihre Anwendung in der Weltraumüberwachung oder in der Sensorik. Intelligente, radarbasierte Sensoren – beispielswiese für die Fahrzeugumfelderkennung – ermöglichen durch Adaption der Wellenform eine Anpassung an die Umgebung. Verbunden mit selbstlernenden Systemen (KI) zur Klassifizierung entstehen kognitive Radarsysteme.

Sie haben die Realisierung von modernen Kommunikationssystemen erwähnt. Inwieweit ist das Thema 5G in der Plattform präsent?

Im Zuge des angestrebten Netzausbaus von 5G für Frequenzen oberhalb von 6 GHz, d. h. im mm-Wellen Bereich, der EU-weit ab 2023 beginnen soll, ändern sich die technologischen Anforderungen und der Aufbau von 5G-Basisstationen grundlegend. Bei diesen Basisstationen richten sich erhöhte Anforderungen an die Entwicklung, die Integration der einzelnen Komponenten, die Signallaufzeiten und die Datenverarbeitung. Für diesen Frequenzbereich ist das bestehende LTE-Netz, das für die 5G-Frequenzen unterhalb 6 GHz genutzt wird, nicht geeignet.

Welche Konsequenzen zieht das nach sich?

Die erhöhten Anforderungen werden vor allem an den Basisstationen sichtbar, die noch aufgebaut werden müssen. Die Dichte dieser Stationen für 5G im mm-Wellen Bereich wird deutlich größer sein müssen – wir sprechen an dieser Stelle von Abständen im Bereich einiger hundert Meter. Damit ist das Thema Energieverbrauch ausschlaggebend. Als Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland besitzen wir an vielen Stellen der Wertschöpfungskette umfassendes Know-How, um den angestrebten Netzausbau mit Technologie aus Deutschland und Europa zu unterstützen.

Wie geht die FMD mit ihrer Technologieplattform diese aktuellen Problemstellungen an?

Unsere Aufgabe ist es, die dezentral-verteilten Kompetenzen einzusammeln und entlang der Wertschöpfungskette zu einem Gesamtprodukt zu bündeln. Dadurch stellen wir sowohl einen Mehrwert für unsere Institute als auch Industriepartner dar. Nehmen wir das Beispiel 5G: Die Kompetenzen, Komponenten für 5G-Basiststationen zu entwickeln, sind über Jahre von unseren Mitgliedsinstituten in Forschungsprojekten mit Industriepartnern aufgebaut worden. Nun müssen wir diese Kompetenzen zusammenbringen, um ein gemeinsames Angebot zu realisieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Das Interview führte Vanessa Dehn.

 

Zur Person:

Dr. Stephan Guttowski studierte Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Mess- und Automatisierungstechnik an der TU Berlin und promovierte anschließend im Bereich Elektromagnetische Verträglichkeit. Es folgte ein Post-Doc-Aufenthalt am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) in Cambridge, USA. Nach seiner Rückkehr arbeitete er zunächst im Forschungslabor Elektrische Antriebe der DaimlerChrysler AG und wechselte 2001 in das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM. Hier war er zunächst Leiter der Gruppe Advanced System Development, dann übernahm er die Abteilung System Design & Integration. Seit Juni 2017 ist er FMD-Technologiepark-Manager für Heterointegration.

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